Erstes Netzwerktreffen des Wissenschaftsforums RLP

Allgemein

Wer einen Schritt zurück geht, nimmt manchmal nur Anlauf. So ging es unserem neu gegründeten Wissenschaftsforum der SPD Rheinland-Pfalz, dem die Corona-Pandemie die Pläne für ein erstes Treffen im Frühjahr durchkreuzt hatte und das jetzt neu zum Sprung ansetzen konnte. Am 26. Oktober 2020 begegneten wir uns ganz im Sinne einer neuen digitalen Normalität online zu unserem ersten Netzwerktreffen.

 

Was sind die richtigen Rahmenbedingungen für gute Forschung und Lehre an rheinland-pfälzischen Hochschulen? Welches Personal und welche Struktur braucht ein funktionierendes „Ökosystem Wissen“? Zu diesen Fragen begann unsere Diskussion mit Impulsen von Staatsminister Prof. Konrad Wolf, dem Präsidenten der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Prof. Georg Krausch, und Juniorprofessorin Prof. Selma Rudert von der Universität Koblenz-Landau. Viele weitere Vertreter:innen aus Wissenschaft und Politik waren von zu Hause zugeschaltet und gestalteten den Abend durch ihre Beiträge mit.

 

Als eines der Schwerpunktthemen des Abends kristallisierte sich die berufliche Situation junger Wissenschaftler:innen heraus, die oftmals erst nach einer Reihe von befristeten Arbeitsverträgen in einem dauerhaften Beschäftigungsverhältnis ankommen - wenn überhaupt. Während einerseits eine Notwendigkeit besteht, im Rahmen der wissenschaftliche Ausbildung Arbeitsverhältnisse zu befristen und Vertragslaufzeiten an Qualifizierungsziele zu knüpfen, wie etwa an die Promotion oder weitere fachliche Spezialisierungen, und so eine persönliche Weiterentwicklung mit Themen- und Ortswechseln anzuregen, geht andererseits eine zu lange Abhängigkeit von befristeten Verträgen mit einer ganzen Bandbreite negativer Auswirkungen einher. Diese beginnen mit der fehlenden persönlichen Langzeitperspektive und damit verbundenen Hemmnissen im privaten Bereich der betroffenen Wissenschaftler:innen, beispielsweise in der Familienplanung, und können bis hin zu einer defensiven und zu stark am schnellen Publikationserfolg orientierten Planung der eigenen Forschungsprojekte führen, und somit auch die Qualität der wissenschaftlichen Arbeit beeinträchtigen.

 

Die kontroverse Diskussion zu diesem Thema zeigte deutlich, dass die Suche nach einer möglichen Entschärfung dieser Problematik mit einer ganzen Reihe weiterer Fragen verknüpft ist. Gibt es Bedarf an einer Veränderung der Personalstruktur? Stimmt das Verhältnis zwischen der Anzahl an Promovierenden, promovierten Mitarbeiter:innen und Professor:innen? Wie sieht die Zukunft des akademischen Mittelbaus aus? Wie können junge Wissenschaftler:innen möglichst schon zur Zeit der Promotion richtig beraten werden, um sie auf den für sie individuell geeigneten, erfolgreichen Karriereweg zu bringen? Wie kann das Ökosystem so weiterentwickelt werden, dass Durchlässigkeit, Interdisziplinarität und die Vielfalt auch kleiner Fächer gestärkt und erhalten werden? Hierzu brachten die Teilnehmer:innen des Abends eine Fülle wertvoller Ansätze zur Sprache. Zentral war der Vorschlag, möglichst früh während der Promotion zu klären, ob ein akademischer Weg realistisch, erstrebenswert und gewünscht ist oder ob die berufliche Karriere in anderen Bereichen verfolgt werden soll, da besonders das höhere Alter und die hohe Spezialisierung auf dem weiteren akademischen Weg einem späteren Laufbahnwechsel entgegenstehen. Eine einfache Antwort gibt es erwartungsgemäß nicht - diese wichtigen Fragen  werden uns weiterhin begleiten.

 

Zur Frage, was eine Hochschule braucht, um den an sie gestellten Erwartungen gerecht werden zu können, kam neben den Themen der finanziellen Planungssicherheit und dem ganz praktischen Problem einer zeitnahen Umsetzung von Bauprojekten und Innovationsmaßnahmen auch die Frage zur Sprache, inwiefern eine Hochschule auch die physische Präsenz der Lehrenden und Studierenden braucht. Hat die Corona-Pandemie gezeigt, dass Lehre auch online funktioniert und wäre ein Campus der Zukunft auch als virtuelles Netzwerk denkbar?

 

Hier waren sich die Teilnehmer:innen weitgehend einig, dass geglückte digitale Formate, die während der Pandemie etabliert werden konnten, auch danach das Lehrangebot der Hochschulen bereichern werden. Der Umstieg auf digitale Lehre hat auch für eine Zukunft nach Corona Alternativen eröffnet und wird Barrieren senken und zu einer guten Vereinbarkeit des Studiums mit verschiedenen Lebensentwürfen beitragen können. Das erfolgreiche Lehren und Lernen brauche aber, so waren sich alle einig, auch in Zukunft die Kontakte und die damit verbundene Persönlichkeitsentwicklung, die sich aus der Präsenz ergeben. Es gilt, eine gute Mischung zu finden zwischen einer digitalen Vernetzung und der gemeinsam auf dem Campus erlebten und gelebten Forschung und Lehre.


 

Wir danken allen Beteiligten für die guten Diskussionen und freuen uns auf ein nächsten Mal.

 
 

Menschen hinter dem Wissenschaftsforum

                         

Dr. Katrin Rehak-Nitsche        Dr. Christian Bogner